Döbeln damals | Industriegeschichte | Metallindustrie
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Die Industriegeschichte der Stadt Döbeln

Metallwarenindustrie

Fabrik Tümmler an der Schillerstraße

   Zu der Zeit, in der noch die Postkutsche und der Frachtwagen die Straßen belebten und den "völkerverbindenden" Verkehr vermittelten, lag Döbeln etwas abseits vom großen Verkehr und war wenig beachtet. Die Hauptstraßen zwischen Dresden und Leipzig führten nördlich über Stauchitz Oschatz, südlich über Nossen Waldheim Colditz um Döbeln herum, und mit Chemnitz verbindet uns heute noch keine direkte Straße. Günstige Verkehrsverbindungen, die Voraussetzung des Gedeihens von Handel und Industrie, brachten uns erst die Eisenbahnen. Immerhin vergingen von der Eröffnung der Eisenbahnlinie ChemnitzRiesa (1852) bis zu einer neuen Blütezeit Döbelns mehrere Jahrzehnte. Die raschere Entwicklung unserer Stadt begann eigentlich erst Ende der 1880er Jahre, und sie wurde sehr lebhaft in den 1890er Jahren. Wir verdanken sie ebensowohl dem Aufschwung unserer Industrie, als auch der gleichzeitigen Belebung des Geschäftsverkehrs durch die Garnison.
   Unsere Industrie hat sich völlig umgestaltet. In früherer Zeit herrschte in Döbeln das Textilgewerbe vor, ganz früher die Hutmacherei, dann die Tuchmacherei, die Anfertigung von Leinwand, Barchent, Flanell, Kattun, wollenen und baumwollenen Strümpfen
. Alle diese Erwerbszweige sind hier völlig erloschen. Jetzt sind die Metallverarbeitung und die Zigarrenfabrikation ausschlaggebend. Sie beschäftigen zahlreiche Fabriken. Doch ist die gegenwärtige Döbelner Industrie so vielseitig, daß Krisen, die
der eine oder andere Industriezweig zu bestehen hat, in der Allgemeinheit nicht so fühlbar werden, In 345 fabrikmäßigen Betrieben werden über 4.000 Arbeiter beschäftigt. Den ersten Rang nimmt in Döbeln die Metallindustrie ein, und von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für die Stadt ist ihres Umfanges wegen die Metallwarenfabrik des Königl. Sächs. Kommerzienrates Rob. Tümmler. Die Gebäude dieser Fabrik nehmen einen sehr großen Teil der Schillerstraße (früher Zimmerstraße genannt) ein.
   Die Firma Rob. Tümmler wurde im Jahre 1878 vom Inhaber Robert Tümmler, gebürtig aus Leipzig, gegründet und zwar als Gravieranstalt speziell für ReliefStanzengravuren für die Metallwarenfabrikation. Es wurden aber auch Stahlstempel zum Einschlagen, Formmodelle, Stempelwalzen und Silbergravuren usw. gefertigt. Der Gründer war anfänglich der einzige Arbeiter. Im Jahre 1885 wurden bereits ca. 100 Arbeiter beschäftigt und die Firma wurde nun handelsgerichtlich eingetragen. Ein eigenes Grundstückt wurde 1887 gebaut, und durch weitere Zubauten mehrmals vergrößert. Heute werden in dieser Fabrik 1.000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Erzeugt werden jetzt vorzugsweise Garderobehaken, Möbelbeschläge, in geprägt und gegossen, außerdem geprägte und gegossene Firmenschilder, Fahradmarken, Kontroll- und Wertmarken, Plombierzangen, photographische Metallröhrenstative, Stahlstempel zum Einschlagen, Signierschablonen, Brennstempel und Brennpressen, und ferner in einer SeparatAbteilung Schnitt und Stanzautomaten. Die Firma ist mehrfach ausgezeichnet, auch bei der Gewerbe- und IndustrieAusstellung im Jahre 1893 mit der dafür gestifteten Auszeichnung, der Königl. Sächsischen Staatsmedaille in Silber. An Wohlfahrtseinrichtungen besitzt die Firma Rob. Tümmler eine Stiftung – Auguste-RobertTümmlerStiftung in Höhe von über Mk. 80.000 – für Altersunterstützungen. Ferner wird alljährlich an alle diejenigen, welche 10 Jahre bei der Firma Rob. Tümmler tätig sind, an jedem Weihnachten 30 Mark ausgezahlt, ohne Unterschied, ob Arbeiter oder Beamte. Auch Badeeinrichtungen sind in der Fabrik, und werden die Bäder kostenlos gewährt. Sonnabend wird der Betrieb bereits mittags 12 Uhr geschlossen und die Kontore mittags 1 Uhr.
   Aus kleinsten Anfängen heraus hat auch die Eisengießerei und Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte von Franz Richter zu einem großen und für Döbeln wirtschaftlich wichtigen Unternehmen entwickelt. Sie ist aus einer kleinen Schlosser und Schmiedewerkstatt hervorgegangen, die der Schmied Carl Grieben am 26. Januar 1861 in der Großen Kirchgasse eröffnete und in der Brücken, Vieh und Stangenwagen gebaut wurden wurden. Grieben war ein sehr rühriger Mann und verstand sein Geschäft. Sehr bald nach der Gründung seiner Werkstatt war gezwungen, größere Räume zu suchen, und seine Werkstatt fand Unterkommen im Nebengebäude einer größeren Spinnerei, wo er die Dampfkraft mit benutzen konnte. Nun genügten aber seine bescheidenen Mittel nicht mehr, und er suchte sich einen Teilhaber. Am 1. Februar trat der Kaufmann Richard Wagner aus Altenburg in das Geschäft ein, das von jetzt ab unter der Firma Grieben & Wagner betrieben wurde. Es wurde nun die Anfertigung von Tafelwaagen mit aufgenommen, und da die Aussichten für weitere Entwicklung günstig waren, so kauften Grieben & Wagner ein Feldgrundstück an der Roßweiner Straße, auf dem sie 1866 zwei Fabrikgebäude errichteten. Anfang 1867 wurde auch eine Dampfmaschine aufgestellt. Infolge Krankheit schied Wagner bereits 1870 aus der Firma aus, und am 1. Juni 1870 trat Kaufmann Franz Richter ein. Die Firma lautete nun C. Grieben & Richter. Alsbald wurde die Fabrik vergrößert und die Eisengießerei mit aufgenommen. Die Zahl der Arbeiter stieg 1872 bereits auf 200. Doch 1874 trennten sich die beiden Inhaber wegen Grundstücksspekulation Griebens und Franz Richter mußte die Fabrik allein weiterführen. Da der Waagenbau zurückging ging, weil der Bedarf gedeckt war, so wurde die Herstellung landwirtschaftlicher Maschinen in die Hand genommen. Anfang Juli 1880 brannte das Fabrikgebäude ab, in dem sich die Kontorräume befanden. Nach einheitlichem Plane wurden ein neues Fabrikgebäude und ein Kontorgebäude errichtet. In demselben Jahre wurde eine Vertriebsfiliale in Breslau eröffnet. Hierdurch sowie durch die Aufnahme der Fabrikation von Drillmaschinen und die größere Aufmerksamkeit für den Pflugbau wuchs der Kundenkreis stets, und von nun an machten sich fortwährend Erweiterungen der Gebäude und der maschinellen Einrichtungen nötig. Auch wurde 1894 eine zweite Filiale in Bentschen errichtet, die 1897 nach Frankfurt a.O. verlegt ward. Am 1. November 1900 wurde das Fabrikunternehmen aus Familienrücksichten in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Am 1. Oktober 1904 schied der Königl. Sächs. Kommerzienrat Franz Richter wegen vorgerückten Alters aus der Kommanditgesellschaft aus, die Leitung der Fabrik liegt seitdem allein in den Händen seiner Söhne Georg und Alfred Richter. Durch den im Jahre 1904 erfolgten Ankauf des an die Fabrik anstoßenden Dampfsägewerks, welches hauptsächlich für eigenen Bedarf in Betrieb genommen ward, sowie durch weitere Feldankäufe zum Zwecke der Bebauung und Benutzung als Lagerplatz erfolgte wieder eine bedeutende Vergrößerung der Fabrikanlagen. Der Grundbesitz der Firma ist jetzt 56.345 qm, die davon bebaute Fläche 12.760 qm, enthaltend 24.084 qm überdachte Räume. Die Betriebskraft wird durch eine Dampfmaschine von 200 PS erzeugt. In den Arbeitssälen sind 26 elektrische Motoren von 290 PS aufgestellt, welche die ausgedehnte maschinelle Einrichtung 336 Spezial und Werkzeugmaschinen, eine hydraulische Presse bis zu 200.000 kg Druckfähigkeit und 6 Warenaufzüge in Betrieb setzen. Beschäftigt werden zurzeit über 600 Beamte und Arbeiter. Das Absatzgebiet ist hauptsächlich Deutschland, doch auch das Exportgeschäft nach Frankreich, Italien, Rumänien, Russland und anderen Ländern entwickelt sich in erfreulicher Weise. Auf allen beschickten Ausstellungen und Wettbewerbsveranstaltungen erhielt die Firma Auszeichnungen, darunter 8 Staats und goldene Medaillen. An Stiftungen besitzt die Firma eine BeamtenPensionskasse, eine gleiche für Alters und InvalidenEmpfänger sowie eine Stiftung für unschuldig in Not geratene Arbeiter. Alle Arbeiter, die über 6 Jahre in der Fabrik beschäftigt sind, erhalten Urlaub mit Lohnentschädigung.
   Landwirtschaftliche Maschinen werden noch hergestellt in den Maschinenbauanstalten G. F. Görlt Söhne, Zwingerstraße 4, welche seit 1864 besteht, und deren Inhaber seit 1895 die Söhne des Gründers, Emil und Arthur Görlt sind, ferner Findeisen & Unterdörfer, Ritterstraße 15, und Rob. Fischer, Leipziger Straße 1. Mit diesen Werkstätten sind auch Maschinenhandlungen verbunden. In den Greußniger Mühlenwerken besteht die Maschinenfabrik von Louis Stölzner.
   Die Spritzenfabrik von Julius Müller gehört zu denjenigen Unternehmungen, welche aus den bescheidensten Anfängen hervorgegangen und dann im In und Auslande bekannt geworden sind. Die Firma wurde 1849 von dem Gürtlermeister Ernst Julius Gottlieb Müller, einem geborenen Döbelner, gegründet. Die ersten Erzeugnisse beschränkten sich auf die Herstellung von Pfeifenringen. Für den Anfang genügten Mieträume für jährlich 6 Täler Mietgeld. Ende der 50er Jahre wurde Messinggießerei eingeführt, und nachdem der Inhaber Anfang der 1860er Jahre von dem damaligen Kupferschmied Voigt dessen Abteilung für Gelbgießerei käuflich erworben hatte, wurde das Geschäft in eine reine Gelbgießerei umgewandelt, obgleich der Inhaber vom Jahre 1862 ab Obermeister der Gürtlerinnung bis zu deren Auflösung in den 1890er Jahren geblieben ist, Im Jahre 1868 wurden in der Niedermühle besondere Räume mit Kraftantrieb für die Drehbänke und sonstigen Maschinen gemietet. Inzwischen wuchsen die Söhne des Besitzers, welche sämtlich das gleiche Handwerk erlernten, heran, und als der älteste im Jahre 1875 aus der Fremde zurückkehrte, und fast zu gleicher Zeit die Gründung der hiesigen Feuerwehr erfolgte, gab dies den Anlaß zum Bau von Feuerlöschspritzen. Bereits im Jahre 1872 waren die gemieteten Räume mit selbst erbauten Arbeitsstätten, Bahnhofstraße 71, vertauscht worden. Mit dem Bau von Feuerspritzen ging es erfolgreich vorwärts, auf diesem Gebiete hat die Firma Julius Müller sich weit über die Grenzen Sachsens hinaus einen gut klingenden Namen erworben, und die Döbelner Feuerspritzen sind nicht nur in Süd und Nordamerika, sondern auch in China, überhaupt in allen Erdteilen mit Ausnahme von Australien vertreten. Bis zur Errichtung der Zollschranken waren Russland und Österreich die Hauptabnehmer, neuerdings kommt auch der Orient, in Sonderheit Bulgarien, Rumänien und die Türkei als Käufer Müllerscher Feuerspritzen hinzu., Bis zum Jahre 1894 war der Begründer lebhaft im Geschäfte tätig und übergab es nun dem ältesten Sohne, Otto Julius Müller, da der zweite Sohn Mitte der 1880er Jahre in Leipzig städtischer Brandmeister geworden war. Auch die Räume in der Bahnhofstraße reichten mit der Zeit nicht mehr aus, der jetzige Besitzer kaufte deshalb im Jahre 1901 die Kyllsche Maschinenfabrik samt allen Maschinen und der dazugehörigen Eisengießerei. Außer Feuerspritzen werden seit Mitte der 1890er Jahre auch Fäkalienabfuhrwagen nach einem besonderen Patente mit bestem Erfolge ausgeführt, und sind mit solchen Einrichtungen jetzt hunderte von Städten und Ortschaften versehen. Ebenso werden nunmehr auch alle Arten von Fahrgeräten für städtische und andere Behörden hergestellt. In den letzten Jahren ist noch der Bau von Motorspritzen aufgenommen worden, und außer derartigen Lieferungen für Deutschland hat die Firma Julius Müller auch eine solche nach Rumänien bereits zu verzeichnen.Die im Grundstücke der Spritzenfabrik bestehende vormals Kyllsche Eisengießerei wird von der Firma Walther & Jägser betrieben, und es werden die von Maschinenfabriken bestellten Gußeisenteile, ebenso allerlei Handelsgußartikei hergestellt.
   Aus der Kupferschmiederei von Zilling & Voigt ist eine Fabrik für Zentralheizungen und gesundheitstechnische Anlagen hervorgegangen. Begründet wurde dieses Unternehmen im Jahre 1838 durch den vom Auslande eingewanderten Kupferschmied Johann Gottlob Voigt. Der geschäftstüchtige Mann begnügte sich in der folgenden Zeit nicht mit seiner Kupferschmiederei, sondern richtete auf den Gütern der Umgebung die Brennereien zur Herstellung von Kartoffelspiritus ein, lieferte Brauereianlagen und tellte Dampfkessel her. Im Jahre 1865 verkaufte er das Geschäft an den Schlesier Heinrich Zilling.Dieser führte das Geschäft 25 Jahre lang in dem alten bewährten Rahmen weiter und bahnte mit der Einrichtung von Papierfabriken und Holzschleifereien allmählich ein überlenken vom Gewerbe zur Industrie an. m Jahre 1888 trat Heinrich Zillings Schwiegersohn, Ingenieur Richard Voigt in das Geschäft ein, der seit 1891 alleiniger Inhaber ist und eine durchgreifende Wandlung des Betriebes, die fast einer Neugründung gleichkam, vornahm. Es wurde jetzt mit dem Bau von Zentralheizungen begonnen. Jahr um Jahr wurde an Boden gewonnen, und jetzt umspannen die geschäftlichen Verbindungen der Firma Zilling & Voigt das ganze Königreich Sachsen und reichen darüber hinaus. m Zusammenhang mit den Zentralheizungen führt die Firma gesundheitstechnische Anlagen, Klosettanlagen, Badeeinrichtungen, Lüftungsanlagen, zum Teil nach eigenem Patent und Musterschutz, aus, aber auch die alten Betriebszweige, besonders die Herstellung kupferner Rohrleitungen und Apparate, werden noch gepflegt. um 75jährigen Geschäftsjubiläum im Sommer 1913 gab die Firma ein vornehm ausgestattetes Verzeichnis über ausgeführte Anlagen heraus.
   Heizungsanlagen werden auch von der Firma Robert Katzschmann gebaut. Diese Fabrik ist hauptsächlich für den Bau moderner Gewächshäuser, Treibhäuser, Wintergärten und Pavillons, Kessel- und Frühbeetfenster eingerichtet. Glaser,Tischler, Schmiede und Schlosser arbeiten hier einander in die Hand und bilden aus ihrer Vereinigung ein großes Ganzes. Diese Fabrik, 1871 vom Glasermeister Robert Katzschmann begründet war anfangs nichts weiter als Glaserwerkstatt, in der der Meister selbst tüchtig schuf. Bald regten sich in der Werkstatt noch andere tüchtige Hände. Vom Jahre 1879 an widmete sich Robert Katzschmann dem Gewächshausbau Nachdem 1881 eine Schmiederei eingerichtet worden war, wurden auch die Eisenrahmen hergestellt und der Heizanlagenbau in den Betrieb aufgenommen Die Fabrikate wurden vielfach prämiiert. Bis zur Jahrhundertwende befand sich die Katzschmannsche Fabrik in vier zusammenhängenden Grundstücken am Niedermarkt und in der Brauhausgasse. In dem Neubau an der Waldheimer Straße entwickelte sie sich zu einem der größten Betriebe ihrer Art und liefert nicht nur für ganz Deutschland, sondern auch für das Ausland. Seit dem 1909 erfolgten Tode des Gründers ist dessen Sohn Robert Katzschmann Inhaber.
   Den Bau von Gewächshäusern und die fabrikmäßige Herstellung von Fenstern betreibt hier noch die Firma Emil Putz, deren Fabrik in der Rößgengrundstraße gelegen ist, und deren Erzeugnisse ebenfalls weithin versendet werden.
   Die Metallwarenfabrik von Rob. Tümmler ward die Veranlassung, daß sich hier auch andere Gravier und Prägeanstalten niederließen. In den 1880er Jahren gründeten die Gebrüder Bober in der Waldheimer Straße eine derartige Anstalt. Aus dieser ist 1890 die Firma Gustav Bühnert hervorgegangen. Diese Fabrik, zuerst an der Theaterstraße, jetzt an der Uferstraße gelegen, fertigt kunstgewerbliche Metallarbeiten und umfaßt Metallgießerei, Gürtlerei, Dreherei, Prägerei, Galvanische Anstalt und Ziselierwerkstätte. Geliefert werden als Spezialitäten alle Metallarbeiten für die Möbelindustrie und Innendekoration, Hut und Kleiderablagen, Garderobeständer, Gitter für Heizkörperverkleidungen, Kamingehänge, Stützen und Schrauben für Glas und Marmortafeln, Tischplatten, Treibarbeiten nach eingesandten Entwürfen in allen Metallen, Färbungen und Patinierungen.
   Auch die Firma Vereinigte Metall und Bronzewarenfabriken Max R. Gasch, welche sich jetzt in einem neuen Fabrikgebäude an der Chemnitzer Straße (Burgstadel) befindet, ist aus der Boberschen Fabrik heraus nach mehrfachen Veränderungen entstanden. Sehr mannigfach sind deren Erzeugnisse. Als Spezialität werden geprägte und gestanzte Massenartikel in allen Metallen sowie kunstgewerbliche Arbeiten für die Möbelindustrie angefertigt: Treib und Ziselierarbeiten, Kamingehänge, Heizkörperverkleidungen, geprägte Schilder, gegossene Beschläge, Hut und Mantelhaken, Klavier und Toilettenleuchter, Möbel und Stuhlfüße von Metall, Löwenköpfe, Griffe und Scharniere, Zifferblätter, BlumengitterAufsätze, Garderobeständer, Schnitt, Stanz, Präge und Ziehwerkzeuge, Einschlagstempel, Münzen, Medaillen usw. Die Fabrik arbeitet für das In und Ausland.
   Gravier und Prägeanstalten befinden sich noch am Platze: Albert Polenz, Sörmitzer Straße 4, Bernhard Vogel, Sörmitzer Straße 7, F.L. 0tto, Feldstraße 5, Ernst Ihrke & Co., Feldstraße 7. Seit fast.30 Jahren wird hier auch die Fabrikation von Gasmessern betrieben, Sie wurde von der Firma Andree & Neider in der Niedermühle eingeführt und zeitweise durch mehrere Fabriken vertreten. Zurzeit besteht hier nur die "Sächsische Gasmesser und Metallwarenfabrik", welche von Emil Gleisberg in der Salzgasse gegründet und vor zwölf Jahren in das Grundstück der vormals Clausnitzerschen Tuchfabrik verlegt wurde. Gegenwärtige Inhaber sind Kaufmann Johs. Reuther und Diplomingenieur Walther Menzel.
   Die Firma 0tto & Geyer, Chemnitzer Straße 2, fabriziert Beleuchtungskörper für Gas und elektrisches Licht sowie Bedarfsartikel für elektrische Anlagen und Drahtwaren. Die Fabrik betreibt auch Verzinnerei, Verzinkerei, Vernickelung, Verkupferung und Versilberung. Inhaber sind Bruno Otto und Max Geyer.
   Die Firma Rudolph Neider in der Niedermühle befaßt sich mit der von automatischen Schmierapparaten für Dampfmaschinen, wie Tropfölern, automatischen Fettbüchsen, Dampfzylinderschmierapparaten usw., und stellt auch kleinere Dampfarmaturen (Hähne usw.) her. Das Geschäft wurde 1897 in Leipzig unter der Firma Neider & Colberg gegründet. Colberg starb 1898, und Rudolph Neider siedelte 1901 nach seiner Vaterstadt Döbeln über. Nach seinem Tode übernahm sein Bruder Alfred Neider die Fabrik. Die Erzeugnisse werden zu 60 % in Deutschland umgesetzt, 40% gehen nach Russland, Ägypten, Indien, Australien, Südamerika usw. Beschäftigt werden 20 Arbeiter.
   Die Blechwarenfabrikation wird in einer Anzahl größerer Fabriken betrieben, und sie strebt, kräftig sich entwickelnd, nach dem Vorrang im Erwerbsleben unserer Stadt, In den BlechwarenFabriken werden hauptsächlich feine lackierte Wirtschaftsartikel wie Vogelkäfige, Ofenschirme und Kohlenkästen in prachtvoller Ausführung, bessere Haus und Küchengeräte, Waschtische, Bidets, Gemäße usw, hergestellt. Die Fabriken versenden farbenprächtige, reich ausgestattete Musterbücher in alle Welt, in denen die mannigfaltigen Erzeugnisse der Döbelner Blechwarenindustrie veranschaulicht sind.
   Dieser Geschäftszweig wurde 1869 von Johannes Großfuß hier eingeführt. Dessen Fabrik befand sich zuerst an der Sörmitzer Straße, seit etwa 30 Jahren aber auf dem Burgstadel, an der Kleinbauchlitzer Straße, wo sie sich zu einem umfänglichen Unternehmen entwickelt hat. In einer Abteilung werden auch Vogelkäfige hergestellt, und es gehen sowohl einfache, als auch die prachtvollsten Käfige für Vögel aller Art von hier aus in alle Welt. Inhaber sind jetzt der Gründer und sein Sohn Curt Großfuß.
   Den guten Ruf der Döbelner lackierten Blechwaren verbreitet auch die Fabrik von Max Knobloch an der Bahnhof und Waldheimer Straße (früher Rich. Handschuh). Als besonderen Zweig betreibt die Knoblochsche Fabrik noch die Anfertigung von Wirtschaftsfederwaagen (Babywaagen), und sie ist in diesem Zweige wohl die bedeutendste Fabrik in Sachsen. Inhaber sind jetzt Max Knobloch und Johs. Saupe. Wegen der Waagen und Gemäßfabrikation besteht hier Übrigens ein Eichamt, welches der Stadt alljährlich eine sehr ansehnliche Einnahme verschaffte, am 1. April 1912 aber verstaatlicht wurde, so daß die Stadt diese Geldquelle einbüßte.
   Feine lackierte Blechwaren werden auch von Preuß & Heinrich (früher Franz Löwe) hergestellt. Diese Fabrik befindet sich Hohe Straße 1, an der Franz Richterschen Maschinenfabrik, und ist im Besitz von Bruno Preuß und Albert Heinrich.
   Ausschließlich mit der Fabrikation von Vogelkäfigen befaßt sich seit 25 Jahren die Erste Sächsische Vogelkäfigfabrik von Döring & Winkelmann, welche sich von Anfang an auf dem Grundstück des früheren Zimmereimeister Naumannschen Dampfsägewerks an der Schießhausstraße befindet. Alle Gewerbszweige, die Hand in Hand gehen, um aus dem rohen Material die eleganten Vogelhäuser herzustellen, sind in dieser Spezialfabrik vereinigt: Nadlerei, Klempnerei, Verzinnerei, Gießerei, Holzdreherei, Lackiererei, Vergolderei. Auch allerlei sonstige Artikel, die zur Zucht und Pflege der Vögel dienen, werden angefertigt. Inhaber sind Bernhard Winkelmann und Walter Päßler, nachdem der Mitbegründer Oskar Döring im Jahre 1910 ausgeschieden ist.
   Die Metallwarenfabrik von H.W. Schmidt, zu beiden Seiten der Burgstraße, dicht beim Schlachthof, beschäftigt eine größere Anzahl Arbeiter und Arbeiterinnen in der Herstellung von Blechgeschirr für Küche und Haushalt. Inhaber sind Otto und Bernhard Schmidt, Söhne des vor fünf Jahren verstorbenen Gründers Heinrich Wilhelm Schmidt, von dessen 1864 eröffnetem Klernpnereigeschäft in der Johannisstraße sich dieses Werk abzweigte, das ietzt seine Erzeugnisse nach allen fünf Erdteilen versendet. Dem Erfolg dieses Unternehmens verdanken wir auch verschiedene wohltätige und gemeinnützige Stiftungen des Gründers.
   Eine Döbelner Spezialität ist seit 1828 auch die Silberwarenfabrikation. Sie wurde von Layritz hier eingeführt, dessen Fabrik 1875 an Gebr. Köberlin überging. Von jeher wurden hauptsächlich silberne Löffel und Tafelbestecke sowie echt silberne Kunstgegenstände angefertigt. Abnehmer sind die Juweliere in vielen Städten Deutschlands. Im vorigen Jahre verließ die Firma Gebr. Köberlin (Inhaber Oskar Schmidt und Dr. phil, Walter Schmidt) die 85 Jahre lang innegehabten, längst zu eng gewordenen Räume am Niedermarkte und bezog ein neues umfängliches Fabrikgrundstück an der äußeren Bahnhofstraße. Der Betrieb wurde dort bedeutend erweitert. Seit einigen Jahren betreibt diese Firma auch die Massenherstellung von AlpaccaBestecks.
   Seit 1854 besteht die Silberwarenfabrik Gebr. Gotthard (Inhaber Paul und Georg Gotthard), welche vom Vater der jetzigen Inhaber gegründet worden ist und hauptsächlich getriebene silberne Geräte (sogenannte Korpus) herstellt.
   Die Silberwarenfabrik von Richard Köberlin wurde vor etwa 15 Jahren an der Leisniger Straße begründet, sie fertigt vorwiegend Löffel und Tafelbestecke in allen Stilarten mit und ohne Ziselierung sowie Kunstgegenstände von Silber und Alpacca. Inhaber sind Richard Köberlin sen., Walter Köberlin jun. und G. E. Müller, die viele Jahre am Salzgraben, jetzt Moltkestraße, betriebene Vetterleinsche Silberwarenfabrikation ist nach dem Tode von Oswald Vetterlein aufgegeben worden.
   Aus der Metallbranche sind noch zu nennen die Nagelfabriken Gebr. Wapler, G.m.b.H., an der Mühle Großbauchlitz und Bergmann & Höhle (Inh. Emil, Oskar Höhle) in Masten sowie die Werkzeugfabrik von Friedrich Reinicke in der Schießhausstraße. In letzterer Fabrik werden Schraubenschneidewerkzeuge angefertigt. Außerdem werden Bauarbeiten sowie elektrische Anlagen ausgeführt und der Geländerbau betrieben. Die Firma wurde 1869 vom Schlossermeister Friedrich Reinicke gegründet, der noch heute Inhaber ist.
   Metall und Holzindustrie sind vereinigt in der Fabrik feiner Holz und Metallwaren von Keßler & Herold. Die Fabrik wurde 1898 gegründet und beschäftigt in den am Bahnhofe neuerrichteten Gebäuden 91 Arbeiter. Hergestellt werden moderne Ladeneinrichtungen, Ausstellungsschränke, Ladentafeln und Aufsätze, Reklameschränkchen und Kästen, Schaufenstereinrichtungen, Luxusmöbel von Metallrundstäben, Haus und KüchenGeräte, insbesondere feine Serviertabletts mit Nickelrahmen, Handmalerei und Perlmuttereinlagen. In einer besonderen Abteilung werden metallüberkleidete Holzkehlleisten angefertigt die Abteilung Kunstschlosserei liefert Aushängeschränke. Außer im Inlande hat diese Fabrik ihr Absatzgebiet in allen europäischen Staaten, Kleinasien und Nordamerika, Inhaber sind Emil Keßler und Fritz Herold.

H. Zscherpel
erschienen in der Festschrift zum Heimatfest Döbeln vom 20. - 2. Juni 1914